Vorgestern tauchten Gössel auf am Nest der bis dahin noch einzigen brütenden Graugans am Amperstausee. Seitdem konnte ich kein Graugansnest mehr feststellen. Am heutigen Donnerstag machte sich eine Graugans an einem längst ausgedienten Nestplatz auf einer Insel zu schaffen. Erkennbar waren die Ausmuldebewegungen sowie das Zurücklegen von Pflanzenteilen ins Nest. Offen ist jetzt natürlich, ob sich die Gans auf diesen Nestort festlegen wird. Nach Konrad Lorenz bleibt die Gans “noch vor der Eiablage oft eine Zeitlang auf dem Nistort liegen und kontrolliert, nach Ansicht Heinroths, auf diese Weise die Störungsfreiheit des Ortes. (…) Da die Nestbaubewegungen nur wenig von äußeren Bedingungen abhängen, werden der Standort und das genaue Zentrum des Nestes oft erst durch das Legen des ersten Eies bestimmt.”
Von Anfang März bis etwa Mitte April nistete auf dem Platz eine Graugans, zuletzt fotografiert am 13. April 2020. Gössel sind wahrscheinlich zwischen dem 13. April und 16. April geschlüpft.
Die Gans auf dem Nest beim Zurücklegen von Pflanzenmaterial. Konrad Lorenz erläutert das Zurücklegen in seinem Buch „Hier bin ich – wo bis du?“: „Man sieht häufig junge Gänse beiderlei Geschlechts schon Heuhalme oder sonstige Pflanzenteile mit dem Schnabel erfassen und über die Schulter weg nach hinten legen. Selbst wenn Gänse, die durchaus nicht mit Nestbau beschäftigt sind, gründeln, kommt es vor, daß sie das aus der Tiefe geholte Pflanzenmaterial über die Schulter zurücklegen. (…) Wenn weibliche Gänse im Vorfrühling in Fortpflanzungsstimmung geraten, wird das Zurücklegen häufiger. Sobald sich die Gans dann auf einen Nestort festgelegt hat und die anschließend zu besprechende Ausmuldebewegung an einem Orte immer wieder ausführt, beginnt die Orientierung zu diesem Nestort eine Rolle zu spielen. Die Gans legt nunmehr nur dann zurück, wenn sie mit dem Kopfe vom Nestzentrum weggerichtet steht oder liegt. Diese Orientiertheit bewirkt, daß nun alles Nestmaterial auf das Nestzentrum zuwandert.
Anatiden sind grundsätzlich nicht imstande, Material von weither zum Neste zu tragen. Als Heinroth seinen Gänsen durch Anbringen von Nistkörben in Bäumen bei der Fortpflanzung behilflich sein wollte, versuchten diese nur solche Gegenstände zurückzulegen, die sie im Nestzentrum stehend erreichen konnten, wie Rindenstückchen und kleine Zweige.“
Und zur Ausmuldebewegung schreibt Konrad Lorenz („Hier bin ich – wo bist du?“): „Die Bewegung besteht darin, dass der Vogel sich gewissermaßen ‚auf alle Viere‘ erhebt, indem er mit den Füßen nach hinten und mit beiden Handgelenken, d. h. mit den Flügelbugen, nach vorne und außen drückt. Gleichzeitig liegt ein erheblicher Druck zwischen den Flügelbugen, wo der Vogel seine Brust nach vorn und an den Boden presst. Mit dieser Bewegung, die immer nach dem Niedersetzen am Nestort ausgeführt wird, höhlt der Vogel das Nestzentrum allmählich muldenförmig aus, indem er Material nach fünf Seiten hin aus der Mulde entfernt und am Rande festdrückt.“
Oben rechts die Gans am Nest, beschäftigt mit Ausbesserungsarbeiten. Unten links der Ganter. Konrad Lorenz: “Im Vorfrühling beginnt ein fest gebundenes Gänsepaar, sich für potentielle Nistplätze zu interessieren. Der Ganter begleitet die Gans auf Schritt und Tritt, beteiligt sich aber nicht merklich an der speziellen Wahl des Nestortes. Beide sondern sich von der Schar ab und gehen weit umher. An einer für den menschlichen Beobachter schwer voraussagbaren Stelle beginnt die Gans schließlich, ein Nest anzulegen.”
Von Anfang März bis zumindest 13. April 2020 war eine brütende Gans auf diesem Nest zu sehen. Am nächsten Besuchstag nach dem 13. April, nämlich am 16. April, war das Nest dann leer. Oben eine Aufnahme vom 12. April 2020.
Graugans auf der Suche nach einem Nestplatz
ca. 50 Graugänse
7 Kanadagänse (3 davon auf dem Nest)
4 Höckerschwäne (1 Schwan auf Nest; zwei Gäste verschwanden wieder ganz schnell)
1 Schellente
7 Gänsesäger
1 Mittelmeermöwe (überfliegend)
4 Blesshühner (2 auf Nest)
1 Bachstelze
1 Kuckuck (Rufe)
Sämtliche Bilder vom Tage:






